Schnell verlassen
Achtung: löscht nicht den Browserverlauf

 

Mit Barometer, Schutzschirm und Zivilcourage für ein besseres Miteinander

Dienstag, 22.11.2022
Vereint im Kampf gegen Gewalt:
vlnr.: Frauenbeauftragte Alexandra Schmidt, Stadträtin Anja Hagenauer, Isabel Bojanovsky (Gewaltschutzschirm) und Andrea Hohenwarter (Projekt StoP Partnergewalt)

Die Zahlen aus der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Salzburg sind leider nach wie vor ernüchternd: Im Schnitt 140 laufende Gefährdungsabklärungen pro Monat beschäftigten die Sozialarbeiter:innen alleine im heurigen Jahr. Auch das Gewaltschutzzentrum Salzburg vermeldet Alarmierendes: 307 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden in der Stadt heuer bereits ausgestellt. Und ca. 900 Kinder im Bundesland leben in einem Haushalt, in dem häusliche Gewalt ein Thema ist. Anlässlich der am Freitag, 25. November, beginnenden „16 Tage gegen Gewalt“ informiert die Stadt über aktuelle Projekte und Maßnahmen in dem Bereich.

Häusliche Gewalt traumatisch für Kinder
Rund 300 minderjährige Missbrauchs- und Gewaltopfer sowie weitere 300 Bezugspersonen betreut das Kinderschutzzentrum in der Stadt Salzburg. Die Zahl der Klient:innen sei zwar nur leicht gestiegen, die Fälle werden allerdings komplexer und beratungsintensiver. Besonders stark gestiegen (+ 20 Prozent) sind Fälle in Zusammenhang mit „miterlebter Gewalt“. In etwa 50 Prozent der Fälle von häuslicher Gewalt sind Kinder mitbetroffen. Mehrere Studien belegen, dass dies für die Kinder genauso traumatisch sein kann wie direkt erlebte Gewalt. Der Hauptgrund für die zunehmend innerfamiliäre Gewalt ist laut Kinderschutzzentrum im Zusammenhang mit Corona und den sonstigen derzeitigen Krisen zu suchen.

„Ich fühl mich so allein“
Den Satz, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kidsline der Stadt aktuell am häufigsten hören ist: „Ich fühl mich so allein“. Die Chat-Beratung der Einrichtung verzeichnete im Jahr 2021 über 26.000 Chats und über 9.000 Telefonate. Tendenz steigend. Top-Themen auch hier: Probleme in der Familie.

Was ist eigentlich Gewalt? Ein Barometer hilft
Viele Expertinnen und Experten aus dem Gewaltschutz berichten zudem noch etwas anderes: Vielen – vor allem Klientinnen – sei oft gar nicht bewusst, dass sie bereits Gewalt ausgesetzt sind. Auf diese Anregung hin produzierte die Stadt einen „Gewaltbarometer“ in sieben Sprachen – mittels Ampelsystem ist genau abzulesen ab wann eine Situation „Gewalt“ ist und man sich Hilfe holen sollte. An einer speziellen Version für Kinder und Jugendliche wird gerade gearbeitet.

„Wir lassen beim Gewaltschutz nicht locker. Mit dem Gewaltbarometer informieren wir einfach und in sechs Fremdsprachen darüber, was Gewalt ist – denn viel zu oft wissen Frauen darüber nicht gut genug Bescheid. Wir holen die Gewaltschutzeinrichtungen in einer großen Online-Kampagne vor den Vorhang um zu informieren und Betroffene zu motivieren, Hilfe zu suchen“, sagt Anja Hagenauer, Stadträtin für Soziales. „Kinder und Jugendliche zu schützen, ist mir ein besonders großes Anliegen. Hier ist die Vorbeugung am Wichtigsten, deswegen bieten wir die After Work Basics wieder für all jene an, die mit potenziell Gewaltbetroffenen arbeiten“, so Hagenauer weiter.

Gewaltfreie Stadt Salzburg
„Die #gewaltfreiestadt – so utopisch dieses Ziel auch klingt: Ich bin dafür und will es erreichen. Salzburg hat so viele gute Voraussetzungen – im Beratungsangebot, in der Prävention, in der Aus- und Weiterbildung. Wir können noch viel schaffen“, so Alexandra Schmidt vom Team Vielfalt/Schwerpunkt Frauen. Neben den Online-Vorträgen der „After Work Basics“-Reihe zu Kinder- und Gewaltschutzkonzepten organisiert das Team Vielfalt zudem auch „klassische“ Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen.

Gegen Partnergewalt im Stadtteil
Was kann ich als Nachbar:in tun bei häuslicher Gewalt? Dieser Frage geht das Projekt „StoP Partnergewalt“ nach. Andrea Hohenwarter vom Bewohnerservice Lehen brachte das Konzept von Hamburg nach Salzburg. Herzstück des Projekts sind Frauen- und Männertische bei denen Austausch, Information, Reflexion und das Entwickeln von neuen Ideen gegen häusliche Gewalt im Mittelpunkt stehen. Zudem fanden regelmäßig Workshops zum Thema Zivilcourage statt, und das Gewaltschutzzentrum bietet kostenlose Beratungsstunden an. „Das Projekt erfährt lokal viel Unterstützung von den Bewohnerinnen und Bewohnern aus Lehen – viele haben ihr Gesicht für die Plakatkampagne zur Verfügung gestellt. Da merkt man schon: Ob selbst betroffen oder nicht – Gewalt geht uns alle an. Gewalt berührt uns alle“, so Initiatorin Andrea Hohenwarter.

Gewaltschutzschirm: Initiativen gegen Gewalt bündeln
Um die vielen bestehenden Initiativen sinnvoll zu bündeln und miteinander zu vernetzen, gibt es – zusätzlich zum Runden Tisch – seit heuer eine eigene Stelle in der Stadt: Unter dem Überbegriff „Gewaltschutzschirm“ wird an vielen Projekten und an vielen Ecken zugleich gearbeitet.

„Alle Menschen in der Stadt Salzburg haben das Recht auf ein Leben frei von Gewalt und Grenzüberschreitung. Hilfe in Gewaltsituationen soll einfach und unbürokratisch, schnell und kompetent erfolgen. Dafür spannen wir den Gewaltschutzschirm in Salzburg auf“, so die zuständige Koordinatorin Isabel Bojanovsky.

After Work Basics
In den Online-Fachvorträgen After Work Basics der Fachstelle Selbstbewusst setzen sich Fachleute umfangreich mit Themen auseinander, die für sie im Alltag relevant sind. Seit 2020 konnten so über 900 Fachleute in über 5.300 Vorträgen erreicht werden. „2023 steht unter der Prämisse „Sexualität & Digitalität“. Einfacher, besser und kostengünstiger können Teams nicht sensibilisiert und weitergebildet werden“, sagt Gabriele Rothuber von der Fachstelle Selbstbewusst.

Über die 16 Tage gegen Gewalt
Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen umfassen die Zeit zwischen dem 25. November – dem internationalen Gedenktag für alle Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden – und dem 10. Dezember – dem internationalen Tag der Menschenrechte. Dieser Aktionszeitraum wird weltweit genutzt, um das Ausmaß und die verschiedenen Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen zu thematisieren und Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen als fundamentale Menschenrechtsverletzung nachhaltige Folgen für die Betroffenen selbst, aber auch für die gesamte Gesellschaft hat.

Christine Schrattenecker

 

Secured By miniOrange